Wie Indikatoren Profile und Leistungen von Hochschulen abbilden


Das Leistungsspektrum von Hochschulen weitet sich aus


Universitäten und Fachhochschulen unterscheiden sich nicht mehr so eindeutig voneinander wie noch vor wenigen Jahren. Die häufig gehörte Ansicht, Universitäten würden in erster Linie forschen und Fachhochschulen lehren, trägt nicht mehr vollständig. Gibt es doch durchaus Universitäten mit einem starken regionalen Engagement genauso wie Fachhochschulen, die in der Forschung Spitzenplätze erreichen und es in einzelnen Indikatoren auch problemlos mit Universitäten aufnehmen können. Auch Aspekte wie Wissenstransfer sind für beide Hochschultypen gleichermaßen relevant, ebenso die Thematik der Internationalisierung. Die Ergebnisse des CHE-geführten Projektes U-Multirank zeigen, dass die Unterschiede zwischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaft (HAW) nicht mehr so deutlich sind wie vielleicht noch vor einigen Jahren.

Das Hochschulsystem ist im Wandel. Die Anforderungen und Ansprüche, die an die Hochschulen herangetragen werden, haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Die veränderten Erwartungen an das hochschulische Leistungsspektrum zeigt sich auch im neuen Förderprogramm "Innovative Hochschule" von Bund und Ländern. Bis Mitte Februar 2017 sind die Hochschulen für angewandte Wissenschaften sowie die (kleinen und mittleren) Universitäten aufgefordert, sich an diesem Förderprogramm zu beteiligen. Das Besondere daran ist, dass mit der Innovativen Hochschule erstmals ein Leistungsspektrum von Hochschulen in den Blick genommen wird, das bislang in den großen Fördertöpfen unterrepräsentiert war: die Third Mission. Sie soll (neben den ersten beiden Missionen, also den klassischen Aufgaben Lehre und Forschung) ihren festen Platz neben Lehre und Forschung erhalten.

Der Begriff Third Mission fasst als begriffliche "Dachmarke" Leistungen zusammen, die zu einer gewinnbringenden Verflechtung der Hochschule mit ihrer außerhochschulischen Umwelt durch wechselseitige Interaktionen führen. Er steht für die Leistungen (Aktivitäten, Resultate und daraus entstehende Folgen) von Hochschulen, die unmittelbar in die Gesellschaft und Wirtschaft hinein wirken sowie Strömungen aus der Wirtschaft und Gesellschaft, die ihrerseits in die Hochschulen hinein wirken.

Die recht variable Definition von Third-Mission-Aktivitäten spiegelt wider, dass Anspruchsgruppen von Universitäten und Fachhochschulen breit gestreute Erwartung an die Hochschulen hegen und artikulieren: So wird gesellschaftliches Engagement eingefordert, natürlich inklusive einer Kommunikation über die drängenden Zukunftsfragen. Die Hochschulen mögen sich für neue Zielgruppen öffnen, Beiträge zur Lösung globaler Herausforderungen liefern und natürlich zugleich ein Motor für die Region sein. Der Wissens- und Technologietransfer und die Weiterbildung darf dabei nicht vergessen werden. Das alles zählt zur Third Mission.


Messbarkeit von Third-Mission-Aktivitäten

Für die Arbeit von Hochschulleitungen und Hochschulräten ist es elementar, strategische Entscheidungen nicht aus dem Bauch heraus, sondern auf der Basis objektivierender Fakten, also Kennzahlen und Indikatoren, zu treffen. Auch und gerade vor dem Hintergrund des Wettbewerbs "Innovative Hochschule", aber auch der "Exzellenzstrategie", ist es notwendig, die Entscheidungen für und wider eine Bewerbung beziehungsweise über die inhaltliche Akzentuierung des Antrags über Indikatoren zu operationalisieren. Indikatoren helfen dabei, die Stärken und auch die Schwächen einer Hochschule zu identifizieren. Nur so können Strategien entwickelt werden, die sich profilschärfend auswirken. Zudem ist es für beide Wettbewerbe notwendig, einen Qualitätssprung nachzuweisen. Ein Nachweis kann nicht aus der Luft gegriffen werden, sondern wird optimaler Weise anhand von Daten belegt. Die Sicherstellung entsprechender Transparenz ist also unentbehrlicher Teil der Umsetzungsstrategie.

Grundsätzlich sind den Hochschulen Indikatoren gut bekannt, Hochschulräte sind mit entsprechenden Berichtssystemen und Kennzahlensets in der Regel gut vertraut. Im Bereich der Forschung lassen sich leicht viele, seit vielen Jahren bekannte Kennzahlen finden (etwa Promotionen und Habilitationen, Zitationen und Publikationen).

Schwieriger wird es bei der Suche nach Kennzahlen für weitere Leistungsdimensionen, vor allem für Third Mission-Bereiche. Doch auch hier lassen sich Indikatoren identifizieren. Für forschungsbezogene Third-Mission-Aspekte hat das CHE Projekt FIFTH in den vergangenen drei Jahren einen Katalog von Indikatoren entwickelt, mit dem eine Messung möglich ist. Die Facetten der entsprechenden Leistungsbereiche der (Fach)Hochschulen sind dabei entlang einer Prozesskettenlogik von Vorbedingungen über Aktivitäten hin zu Resultaten und Folgen gegliedert.

Dieser Messansatz soll exemplarisch anhand der außerhochschulischen Vernetzung dargestellt werden. Ob eine außerhochschulische Vernetzung (eine Vorbedingung, unter anderem für zivilgesellschaftlichen Forschungs- kooperationen) besteht, lässt sich beispielsweise anhand der Existenz von Alumninetzwerken, strategischen Partnerschaften mit einem zivilgesellschaftlichen Akteur oder anhand von Externen, die in einem Beirat tätig sind, darstellen. Kommt es nun, auch bedingt durch diese Vernetzungen zu zivilgesellschaftlichen Forschungskooperationen oder zu einem gemeinsamen Projekt, kann hier beispielsweise die Anzahl der Kooperationen mit Kommunen, mit Schulen, Kindergärten, NGOs, NPOs oder Religionsgemeinschaften gezählt werden. Ebenso kann die Anzahl der eingebundenen Professoren abgebildet werden.

Als Resultat kann aus solchen Kooperationen gelungene Wissenschafts- kommunikation entstehen. Hierbei werden die Forschungsergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert. Statt wissenschaftlicher Publikationen stehen hier Veröffentlichungen in nichtwissenschaftlichen Zeitschriften, in Massenmedien oder auch die Präsentation der Ergebnisse auf Messen oder an einem Tag der offenen Tür im Vordergrund. Auch die Folgen, wie beispielsweise eine Nachhaltigkeit der Kooperation, können durch Indikatoren abgebildet werden. Neben beschreibenden Indikatoren gibt es auch quantifizierbare Informationen, wie Angaben darüber, wie viele der Kooperationen wiederkehrend sind oder über einen langen Zeitraum bestehen.

Eine Messung von Third Mission ist mit Aufwand verbunden, da die Daten (noch) nicht an den Hochschulen systematisch und zentral erhoben werden und nicht direkt zur Verfügung stehen. Um die vielfältigen Leistungen der Hochschulen und deren Exzellenz in diesen Bereichen angemessen zu präsentieren und in strategischen Entscheidungen berücksichtigen zu können, ist jedoch über eine adäquate Messung nachzudenken. Der Aufwand kann sich sowohl hochschulintern als auch extern, besonders im Rahmen des Wettbewerbs "Innovative Hochschule", lohnen.


Exemplarische Darstellung der Prozesskette, ausgehend von der Facette "außerhochschulische Vernetzung"

Prozesskette