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Exzellenzstrategie und Innovative Hochschule: Die Rolle der Hochschulräte im Antragsverfahren


Derzeit bereiten sich zahlreiche Hochschulen darauf vor, einen Antrag bei einem der beiden bundesweiten Wettbewerbe "Exzellenzstrategie" und "Innovative Hochschule" einzureichen. Wie lässt sich bezogen auf das Antragsverfahren ein sinnvoller Prozess definieren? An welcher Stelle ist der Hochschulrat wie beteiligt?

Dass der Hochschulrat Teil eines solchen Prozesses sein sollte, dürfte unstrittig sein. Eine erfolgreiche Teilnahme an der "Exzellenzstrategie" (insbesondere bei der Förderlinie "Exzellenzuniversität") als auch bei dem Wettbewerb "Innovative Hochschule" setzt eine Klärung des Profilierungsziels einer Hochschule voraus. Die Erarbeitung einer gesamtinstitutionellen Profilierungsrichtung berührt damit den Kern der Arbeit eines Hochschulrates, nämlich die strategische Beratung. Besonders beim Wettbewerb "Innovative Hochschule", der Transfer und Third-Mission-Aktivitäten fördert, kommt zudem die Aufgabenstellung des Hochschulrats zum Tragen, eine Brückenfunktion zu Wirtschaft und Gesellschaft wahrzunehmen. Strategiebildung sowie Verknüpfung mit den Anforderungen der Wirtschaft und gesellschaftlichen Fragestellungen: Das sind Themen, in denen ein Hochschulrat sich zu Hause fühlt!

Im Folgenden soll idealtypisch dargelegt werden, in welchen Schritten ein Strategiefindungsprozess und Antragsverfahren gestaltet werden kann. Nimmt man dabei die konkrete Rolle der Hochschulräte in den Blick, wird klar, dass dem Hochschulrat lediglich eine begleitende Rolle zukommt: Die Federführung in dem Antragsverfahren hat selbstverständlich die Hochschulleitung. Hauptaufgabe des Hochschulrats ist es – wie so oft –, die richtigen Fragen zu stellen. Dem Hochschulrat kommt die Funktion zu, sicherzustellen, dass die Hochschulleitung entscheidende Aspekte berücksichtigt – ob auf Nachfrage des Hochschulrats hin oder die Stoßrichtung des Hochschulrats als "institutionalisiertem Rechtfertigungszwang" im Vorfeld bereits ahnend und vorwegnehmend, spielt dabei letztlich keine Rolle.


Phase 0: Grundentscheidungen


Ganz zu Beginn muss grundsätzlich entschieden werden, ob eine Hochschule sich bei dem Wettbewerb "Innovative Hochschule" oder bei der "Exzellenzstrategie" bewerben möchte. Nur in Ausnahmefällen wird eine parallele Antragstellung in beiden Verfahren sinnvoll sein. Bei einer Teilnahme an der „Exzellenzstrategie“ ist die Frage zu klären, ob man sich um Exzellenzcluster oder auch um den Status als "Exzellenzuniversität" bewerben möchte. Nicht zuletzt ist die Entscheidung zu treffen, ob ein Antrag als einzelne Hochschule oder in einem Hochschulverbund gestellt werden soll (und wenn im Verbund: koordinierend oder als Partner?). Diese Fragen sind vermutlich nur noch für eine Minderheit der Hochschulen offen; bei der "Innovativen Hochschule" läuft ja bereits das Antragsverfahren – Einreichungen sind nur bis zum 28. Februar 2017 möglich.

Diese grundsätzlichen Erwägungen betreffen in erster Linie die Hochschulleitung. Der Hochschulrat könnte – abgesehen von seiner Daueraufgabe, auf einer expliziten Definition und profilschärfenden Umsetzung der Strategie zu bestehen – in dieser Phase ein wachsames Auge auf die Frage richten, aus welchen Gründen die Hochschule auf welchen Fördertopf setzt (diese Frage stellt sich besonders mittelgroßen Universitäten) und wie bei einem Verbundantrag die "Partnerwahl" begründet wird.

Gegebenenfalls kann es eine Aufgabe des Hochschulrates sein, einer Hochschule auch bei vagen Erfolgsaussichten Mut zur Antragstellung zu machen – wenn zu erwarten ist, dass durch den externen Stimulus angeregt die damit verbundene Strategieentwicklung Prioritätensetzung befördert und Entwicklungsrichtung klärt.


Phase 1: Prozessplanung


Eine folgenreiche strategische Entscheidung (um eine solche Weichenstellung geht es bei der "Exzellenzstrategie" und der "Innovativen Hochschule") lässt sich nicht einfach von oben verkünden oder von außen (etwa durch den Hochschulrat oder eine externe Kommission) aufpfropfen. Ein ideales Vorgehen basiert auf Grundentscheidungen von oben, greift Ideen von unten auf und berücksichtigt Impulse von außen. Die Hochschulleitung hat bezogen auf den Prozess den Hut auf. Sie setzt den Rahmen und die Grundregeln. Sie achtet aber bei der Planung auch darauf, dezentrale Ebenen einzubinden und externe Expertise zu nutzen – eben auch die des Hochschulrats –, um Feedback und Anregungen aus der Außenperspektive zu erhalten.

Bei der Prozessplanung beschränkt sich die Rolle des Hochschulrats darauf, bei Bedarf Feedback zu den Überlegungen der Hochschulleitung zu geben. Wird das Gegenstrom-Prinzip gewahrt? Wird der Prozess durch die Hochschulleitung partizipativ und strukturiert gestaltet?


Phase 2: Hochschulinterner Auftaktworkshop


Sinnvollerweise startet die Erarbeitung eines Wettbewerbskonzepts mit einem hochschulinternen Auftaktworkshop. Ein solcher dient dazu, alle entscheidenden Akteure „mitzunehmen“ und erfolgversprechende Ansätze und Ideen zu sammeln. In diesem Schritt ist der Hochschulrat nicht involviert, höchstens über einen Vertreter (den Vorsitzenden?) als Teilnehmer mit zurückhaltender Rolle.


Phase 3: Zusammenstellung eines Kernteams


Viele Köche verderben den Brei. Es empfiehlt sich, einen handlungsfähigen Expertenkreis aus acht bis zehn Fachleuten zusammenzustellen, der das weitere Geschehen operativ umsetzt. Vertreten sollten in diesem Kernteam etwa der Vizepräsident für Forschung (und Transfer) sein, betroffene Professoren sowie Antragsexperten aus der Verwaltung. Aufgabe dieser task force ist eine Systematisierung der in Phase 2 gesammelten Ideen; die Überprüfung derselben auf Tragfähigkeit – und nicht zuletzt das Aussortieren von wenig Erfolg versprechenden Ansätzen. Dies sollte auf Basis einer SWOT-Analyse geschehen, unterstützt durch Interviews mit internen und externen Experten. Ziel der dritten Phase ist die Entwicklung einer belastbaren Grundidee, also der Entwurf einer Grobskizze für eine Antragsskizze.

Der Hochschulrat sollte nicht Teil des Kernteams sein. Er sollte jedoch für Gespräche zur Verfügung stehen – etwa, wenn das Kernteam externe Impulse aufgreifen möchte, um den Außenblick bei der Identifikation von Vorzeigebereichen einzubeziehen. Er kann an geeigneter Stelle Fragen stellen, etwa, ob eine angemessene Analyse des Status quo erfolgt ist und auf welcher Datengrundlage Potentiale herausgearbeitet wurden. Es sollte sichergestellt werden, dass Vorzeigebereiche nicht aus dem Bauch heraus bestimmt werden oder aufgrund persönlicher Beziehungen, sondern allein auf Basis objektivierender Kriterien.2 Kennzahlen sorgen über die Wahrnehmbarkeit von guten Leistungen auch für Wertschätzung. Indikatoren sind unabdingbar, um strategische Entscheidungen zu objektiv zu fundieren – und um später Erfolge belegen zu können.


Phase 4: Diskussion des Grundkonzepts in den Gremien


In der vierten Phase geht es darum, das vom Expertenkreis skizzierte Grobkonzept in den hochschulischen Gremien zur Diskussion zu stellen, um Feedback und Legitimation zu erhalten, gemeinsam an einer tragfähigen "Story" zu feilen und die interne Unterstützung der Gremien zu sichern. Insbesondere an dieser Stelle hat ein Hochschulrat die Möglichkeit, entscheidend und prägend Einfluss zu nehmen!

Folgende Fragen könnte er stellen:
  • Ist die angedachte Strategie wirklich nicht summarisch, sondern selektiv Akzente setzend? Eine rein summarische Strategie, die ungefiltert lediglich aus allen möglichen eingebrachten Ideen besteht, wird in keinem Wettbewerb Erfolg haben. Wenn beinahe alles ein Schwerpunkt ist, hat man in Wirklichkeit vermutlich keinen einzigen – es gilt, Vorzeigebereiche zu identifizieren und nach vorne zu stellen.
  • Besteht ein plausibles Verhältnis zwischen der Abbildung des Status quo und einer zukunftsorientierten Zielbeschreibung? Der Hochschulrat sollte hier einen "Realitätscheck" durchführen, um – je nach Bedarf – möglicher Selbstüberschätzung entgegenzuwirken bzw. zu mutigeren Schritten zu ermutigen.
  • Wird das Delta (also der angestrebte Qualitätssprung) begreifbar? Kann eine plausible und bündelnde "Story" erzählt werden?
  • Besteht eine Kohärenz zur bisherigen Strategie (oder eine bewusste Umorientierung)? Es ist wenig überzeugend, ohne Bezug auf bisherige strategische Ausrichtungen isoliert nur zukünftige Vorhaben in den Blick zu nehmen.
  • Bietet die Hochschule substanzielle Inhalte sowohl in Bezug auf die strategische Klammer ("Story") als auch in Bezug auf die Management- und Infrastruktur und auf konkrete Umsetzungsaktivitäten? Die Ausschreibung zur "innovativen Hochschule" adressiert explizit diese drei Ebenen – alle sollten entsprechend berücksichtigt werden.
  • Werden die richtigen externen Partner adressiert? Gegebenenfalls kann der Hochschulrat auf Wunsch der Hochschulleitung bestehende Netzwerke nutzen, um Kontaktanbahnungen mit externen Partnern zu erleichtern.


Phase 5: Vorstellung des Grundkonzepts in der Hochschule


Wenn die Gremien sich mit dem Grobkonzept befasst haben, tut die Hochschulleitung gut daran, bewusst eine Feedbackschleife mit einer breiteren Hochschulöffentlichkeit einzuziehen. Diese gibt allen Akteuren (auch dem Hochschulrat) Hinweise auf die Frage, ob die Hochschule (so weit wie möglich) dahinter steht – oder ob das Konzept doch nur als Kopfgeburt einer einsamen Spitze angesehen wird. Gegebenenfalls kann der Hochschulrat in dieser Phase auf Bitten der Hochschulleitung bereitstehen, dieser demonstrativ den Rücken zu stärken.


Phase 6: Konkretisierung, Detailkonzeption


In der vorletzten Phase steht der Feinschliff durch das Kernteam und die Hochschulleitung im Zentrum, gegebenenfalls müssen zunächst auch noch Arbeitsaufträge für die Weiterentwicklung von Teilbereichen erteilt werden. Der Hochschulrat hat in dieser Phase keine entscheidende Rolle.


Phase 7: Formaler Beschluss und Einreichung des Antrags


Im letzten Schritt geht es um die formale Zustimmung der Gremien. Auch der Hochschulrat wird – je nach landesgesetzlicher Regelung und üblicher Handhabung – um formale Zustimmung gebeten werden. Der Hochschulrat kann an dieser Stelle nachhalten, ob seine bisherigen Hinweise angemessen berücksichtigt wurden, sollte es jedoch auch akzeptieren, wenn sich die Hochschule nicht bis ins letzte Detail am Feedback des Hochschulrats orientiert.

Es wird deutlich: Der erst an dieser Stelle greifende formale Part des Hochschulrats ist unentbehrlich – er trägt dazu bei, die Rolle des Hochschulrats zu stärken und legitimiert das Vorhaben der Hochschulleitung. Das Entscheidende des Prozesses geschieht jedoch in den vorhergehenden Phasen der Antragstellung. Genehmigungsvorbehalte, Vetorechte und Informationspflichten mögen ihre Berechtigung haben. Aber ist die Zusammenarbeit zwischen Hochschulleitung und Hochschulrat eingespielt und von einer adäquaten Grundhaltung geprägt, wird ohnehin laufend konstruktive Interaktion stattfinden – nicht immer mit dem Hochschulrat als Ganzem, teilweise zwischen den Sitzungen sicherlich auch nur mit dem Vorsitz.

Ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bislang nicht die Regel, kann die Strategiebildung und Antragstellung als gutes Übungsfeld für ein solches Zusammenspiel genutzt werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Hochschulrat im Auswahlverfahren vor einer Gutachtergruppe Rede und Antwort stehen muss. Dies tut er umso überzeugender, je mehr er selbst von dem Konzept überzeugt ist.