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  • 1/2016
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Governance Kodizes – Visionen und Ideen hin zu einem professionellen Hochschulrat


Verantwortliche Leitung und Kontrolle von Organisationen – das ist der Gegenstand von Governance Kodizes. Zunächst vor allem für börsennotierte Unternehmen entwickelt (1), haben der Bund und viele Länder mittlerweile für alle Unternehmen, an denen die öffentliche Hand (mehrheitlich) beteiligt ist (2), Kodizes vorgegeben. Sie greifen die geltenden zentralen rechtlichen Regelungen auf und ergänzen sie um Empfehlungen und Anregungen (3).

Nun sind Hochschulen keine Unternehmen und deshalb auch nicht unmittelbare Adressaten dieser Public-Corporate-Governance-Kodizes. Die Aufgaben, Befugnisse und Verfahren ihrer Organe sind in den Hochschulgesetzen und in Grund- und Geschäftsordnungen geregelt, der rechtliche Rahmen für ihr (teil-)autonomes Handeln ist damit definiert. Wenn das Land weitergehende Vorstellungen hat, kann es diese in Gesetze und Verordnungen gießen. Wo also ist der Raum oder gar die Notwendigkeit für einen Governance-Kodex für Hochschulen?

Ein Kodex soll das gesamte Governance-System transparent und für alle Stakeholder (4) nachvollziehbar machen. Deshalb enthält er unter anderem auch Empfehlungen für die Zusammenarbeit, zur Organisation der Arbeit der Organe und zu den Anforderungen an die Akteure, zur Vermeidung von Interessenskonflikten und zur Transparenz. Gerade für die Arbeit des Hochschulrats, der als Kontrollorgan eine Verantwortung für die "gute Verwaltung" der überwiegend steuerfinanzierten Hochschule hat, können das wichtige Ergänzungen sein.

Dennoch halte ich einen Kodex, der für alle Hochschulen vom Ministerium vorgegeben wird, nicht für erforderlich, eher sogar für kontraproduktiv. Er provoziert leicht den Vorwurf, dass der Regelung über Gesetze eine nichtgesetzliche Regelungsebene zur weiteren Einschränkung der Hochschulautonomie hinzugefügt wird. Tatsächlich sollen aber die in einem Kodex formulierten Grundsätze für eine gute, an Qualitäts- und ethischen Maßstäben orientierte Leitung und funktionierende Kontrolle in der Hochschule und im Verhältnis Land und Hochschule kulturbildend wirken. Das gelingt am ehesten, wenn die Verantwortungsträger selbst diesen Kodex entwickeln und sich freiwillig daran binden. Die Erarbeitung kann entweder in einer speziell dafür berufenen Kommission oder in vorhandenen Strukturen erfolgen wie zum Beispiel der Rektorenkonferenz oder, wie jüngst in Nordrhein-Westfalen, der Konferenz der Hochschulratsvorsitzenden.

Sie hat Grundsätze einer guten Hochschulführung (Practice of Good Governance) entwickelt, diese mit der Landesrektorenkonferenz abgestimmt und dann dem Ministerium vorgelegt, das ihnen zugestimmt hat. Diese Grundsätze haben mittlerweile die Rektorate und Hochschulräte fast aller Universitäten in NRW beschlossen und sie damit in ihren Hochschulen verbindlich gemacht.

Grundsätze einer guten Hochschulführung (PDF)



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(1) Die OECD hat im Mai 1999 erstmals Grundsätze für die Corporate Governance formuliert. Der von der Kommission der Bundesregierung entwickelte Corporate Governance Kodex entfaltet über § 161 Akt Verbindlichkeit.

(2) Siehe zum Beispiel den Kodex des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Public Corporate Governance Kodizes gelten in vielen Fällen auch für nicht privatrechtlich organisierte Unternehmen wie Anstalten und öffentlich-rechtliche Stiftungen.

(3) Die Nichtbeachtung von Anregungen ist zulässig, die von Empfehlungen nur, wenn dieses offengelegt und begründet wird (comply or explain).

(4) Im Hochschulkontext sind das Politik, Hochschulangehörige, Wirtschaft und Öffentlichkeit.