Die Hochschulratsarbeit im Ausland – Fallstudie Österreich


Bericht über die Tätigkeit des Universitätsrates der Universität Wien – Abstract



1. Von entscheidender Bedeutung für gute Arbeit von Hochschulräten ist wirkliche Autonomie der Hochschulen – diese ist abhängig vom entsprechenden politischen Willen der Regierungen

2002 wurde die Universität Wien eine vollrechtsfähige juristische Person (wissenschaftliche Anstalt des öffentlichen Rechts). Im Jahr 2008 konnte diese Autonomie mit Artikel 81c des Bundes-Verfassungsgesetzes verfassungsrechtlich abgesichert werden. Dieser Status wurde von unterschiedlichen Regierungskoalitionen SPÖ und ÖVP vorbereitet sowie schließlich von ÖVP und FPÖ beschlossen.

Es gibt in den vergangenen Jahren unter verschiedenen Regierungen immer neue Varianten, welche die Entwicklung zurückdrehen: Begriffe wie "vorbeugende Aufsicht", "Auswüchse der Autonomie", "notwendige Kultivierung des Gesetzes zur Partnerschaft zwischen Universität und Ministerium" sowie Versuche kontrollierender Maßnahmen (ein Public Corp. Governance Concept, ein Universitäts-Entwicklungsplan, Standardisierung der Leistungsvereinbarungen, Detailregelungen für Bauvorhaben, Einschränkung der Verfügung über den Globalhaushalt, in dem Verbindlichkeiten über 10 Millionen Euro vom Finanzministerium zu genehmigen seien, usw.).

Die österreichischen Universitätsbediensteten sind keine Beamten des Bundes mehr, sondern Angestellte der Universität. Auch die Personalagenden sind autonome Entscheidungen der Universität auf Grundlage von Gesetz und Kollektivvertrag.

Auf dieser Basis konnte im Jahr 2009 ein Österreich-weiter Kollektivvertrag (deutsch: Tarifvertrag) zwischen dem Dachverband der Universitätenkonferenz (Rektorate) und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst abgeschlossen werden. Dieser hat den Universitäten endlich ermöglicht, eine umfassende Personalplanung für das wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Personal in Angriff zu nehmen. Die Umsetzung war und ist strukturell und finanziell für die Universität schwierig.

Der Universitätsrat hat sich häufig mit diesem Thema befasst. Die Vorsitzenden der beiden Betriebsräte nehmen an den Sitzungen des Universitätsrats teil und können auch in ihren Angelegenheiten Anträge stellen.


2. Universitätsrat der Universität Wien: heterogene Zusammensetzung – gemeinsames Vorgehen

Neun Mitglieder: Vier von der Regierung und vier vom Senat der Universität gewählt. Diese wählen das neunte Mitglied, Geschlechtszugehörigkeit im UG (österreichisches Universitätsgesetz 2002): 50 Prozent Frauen, vom Rat selbst beschlossene Vergütungsverordnung, keine Einzelaktionen der Mitglieder in der Geschäftsordnung festgeschrieben.

Selbstverständlich bestehen verschiedene Meinungen, wobei die Praxis der vergangenen 13 Jahre zeigt, dass der Universitätsrat im Ergebnis fast immer einstimmige Entscheidungen trifft. Auch zeigt sich in Diskussion und Abstimmungsverhalten kaum ein Unterschied zwischen den vom Senat und den von der Bundesregierung ernannten Mitgliedern. Allenfalls gibt es unterschiedliche Zugänge zwischen den Mitgliedern mit akademischem Hintergrund und den Mitgliedern aus Wirtschaft und Gesellschaft. Derartige Unterschiede zeigten sich beispielsweise bei der Frage von Sicherheit und Ertrag bei den Finanzanlagen der Universität.

Die Mitglieder des Universitätsrats dürfen keine aktiven Angehörigen von Bundes- oder Landesregierungen, von gesetzgebenden Körperschaften oder Funktionäre einer politischen Partei sein und eine derartige Funktion auch in den vergangenen vier Jahren nicht ausgeübt haben. Des Weiteren dürfen sie keine Angehörigen der eigenen Universität sein und in den vergangenen vier Jahren dem Rektorat nicht angehört haben.


3. Der Universitätsrat als oberstes Organ der Universität mit weitgehenden Entscheidungsbefugnissen, dem Anspruch strategische Anregungen zu geben und sich in die inneruniversitäre Kommunikation einzubringen, benötigt weitgehende Informationsrechte.

Der Universitätsrat hat mit der Wahl von Rektor und Rektorat aus einem Dreiervorschlag des Senats, dem Genehmigungsrecht von Entwicklungs- und Organisationsplan sowie der Genehmigung von Budgetvorschlag und Entwurf der dreijährigen Leistungsvereinbarung mit dem Bund wichtige Entscheidungsbefugnisse, die in der Regel einen entsprechenden Antrag des Rektorats voraussetzen.

Die Information an den Rat ist heute in der Praxis "Holschuld" des Rektorats. Zu den Informationen gehören: immer "Berichte aus dem Rektorat", immer "Fragen aus dem Universitätsrat", vierteljährliche Bilanzberichte der Quästur und regelmäßige Tätigkeitsberichte des Rektorats über Dienstleistungseinrichtungen. Der Universitätsrat behandelt grundsätzliche hochschulpolitische Themen auch ohne konkreten Entscheidungsdruck, gibt Anhörungsberechtigten (Vorsitz des Senat, Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen und Hochschülerschaft) Gelegenheit, allgemeine Themen einzubringen, etwa zu Fragen des Hochschulzugangs, der Bologna-Studienarchitektur, der Zukunft der Lehramtsstudien oder auch zum sogenannten gender pay gap.

Bei einer weniger umfassenden Tagesordnung ist auch die Einladung von Dekanen mit der Bitte um Bericht über ihre Fakultät möglich.


Aufgaben des Universitätsrats nach dem Universitätsgesetz 2002
(Stand Februar 2016)


Der Universitätsrat hat unter anderem folgende Aufgaben:
  • Genehmigung des Entwicklungsplans, des Organisationsplans und des Entwurfs der Leistungsvereinbarung und der Gestaltungsvereinbarung der Universität sowie der Geschäftsordnung des Rektorats
  • Ausschreibung der Funktion des Rektors spätestens acht Monate vor dem voraussichtlichen Freiwerden dieser Funktion bzw. innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Abberufung oder des Rücktritts
  • Erlassung der Bestimmungen für die Wahl des Rektors nach Einholung einer Stellungnahme des Senats, die dieser innerhalb von vier Wochen nach Vorlage abzugeben hat
  • Wahl des Rektors aus dem Dreiervorschlag des Senats innerhalb von vier Wochen ab Vorlage des Vorschlags
  • Wahl der Vizerektoren auf Grund eines Vorschlags des Rektors und nach Stellungnahme des Senats
  • Abschluss der Zielvereinbarung mit dem Rektor und dem Rektorat
  • Abschluss der Arbeitsverträge mit dem Rektor und den Vizerektoren
  • Abberufung des Rektors und der Vizerektoren
  • Nominierung eines weiblichen und eines männlichen Mitglieds bzw. Ersatzmitglieds für die Schiedskommission
  • Genehmigung der Gründung von Gesellschaften und Stiftungen sowie der Beteiligung an Gesellschaften
  • Genehmigung der Richtlinien für die Gebarung sowie Genehmigung des Rechnungsabschlusses und der Wissensbilanz des Rektorats und Weiterleitung an den Bundesminister
  • Bestellung einer Abschlussprüferin oder eines Abschlussprüfers zur Prüfung des Rechnungsabschlusses der Universität
  • Zustimmung zur Begründung von Verbindlichkeiten, die über die laufende Geschäftstätigkeit der Universität hinausgehen sowie Ermächtigung des Rektorats, solche Verbindlichkeiten bis zu einer bestimmten Höhe ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Universitätsrats einzugehen
  • Jährliche Berichtspflicht sowie unverzüglich Berichtspflicht bei schwerwiegenden Rechtsverstößen von Universitätsorganen sowie bei Gefahr eines schweren wirtschaftlichen Schadens an den Bundesminister; der jährliche Bericht hat einen Bericht über die Maßnahmen des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen im Zusammenhang mit der geschlechtergerechten Zusammensetzung der universitären Kollegialorgane, gegebenenfalls eine Begründung über das Nichteinhalten dieser Bestimmung sowie einen Bericht darüber zu enthalten, welche Maßnahmen die Universität zur Umsetzung dieser Bestimmung plant; der jährliche Bericht ist dem Senat zur Kenntnis zu bringen.
  • Zustimmung zum Budgetvoranschlag innerhalb von vier Wochen ab Vorlage durch das Rektorat
  • Stellungnahme zur Leistungsvereinbarung vor Abschluss durch den Rektor innerhalb von drei Wochen
  • Erlassung der Geschäftsordnung des Universitätsrats

Der Universitätsrat ist berechtigt, sich über alle Angelegenheiten der Universität zu informieren. Die Funktionsperiode der Mitglieder des Universitätsrats beträgt fünf Jahre.