Internationalisierung einer Hochschule jenseits der Metropolen

Die Internationalisierung einer Hochschule ist unabhängig von ihrem Standort ein Katalysator für die Entwicklung einer Region. Zusätzliche Studierende aus dem Ausland fördern die Wirtschaft und treiben die Vernetzung von Unternehmen mit Partnern und Märkten im Ausland voran.


Metropolferne Hochschulen werden von ausländischen aber auch inländischen Studierenden meist weniger gut wahrgenommen. Einfache Gründe können hier beispielsweise die Nähe zu einem internationalen Flughafen oder die Bekanntheit und die Attraktivität einer Großstadt sein. Die Ursachen sind vielfältig und müssen jeweils im Einzelfall analysiert werden. So erleiden metropolferne Regionen gegenüber Metropolregionen einen Nachteil, der sie neben den häufig negativen demographischen Entwicklungen weiter schwächt.

Hochschulen jenseits der Metropolen benötigen vor diesem Hintergrund eine besondere Förderung und insbesondere individuell zugeschnittene Internationalisierungsstrategien. Hierzu sind Alleinstellungsmerkmale notwendig, die das Profil der Hochschule hervorheben. Es müssen Wege gefunden werden, die es ermöglichen, durch bessere Akquise, bessere Services und bessere Programme stärker auf sich aufmerksam zu machen. All das erfordert Maßnahmen, die dauerhaft nur durch finanzielle Unterstützung sichergestellt werden können.

Hinzu kommt, dass Studierende sich in Deutschland in der Regel nicht dauerhaft an der Hochschule aufhalten, da es in der Regel keinen Hochschulcampus gibt, der – wie in einigen anderen Ländern – die Stadt als Lebensraum ersetzt. Studierende sind für ihr tägliches Leben maßgeblich auf die Umgebung der Hochschule angewiesen. Viele Partner, wie das Studentenwerk, die Stadt mit der Region und ihrer Bevölkerung, das Land sowie Unternehmen müssen daher ebenso für eine studierendenfreundliche Umgebung sorgen und ihren Beitrag zu einer funktionierenden internationalen Hochschule leisten wie die Hochschule selbst.

Die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) scheint sich vor diesem Hintergrund gut entwickelt zu haben. Ihr ist es gelungen, die gesamte Hochschule und viele Partner davon zu überzeugen, dass mehr als 20 Prozent ihrer Studierenden aus dem Ausland nach Würzburg und Schweinfurt kommen müssen. Dieses Ziel will sie mit einer dezidierten Internationalisierungsstrategie erreichen, welche auf einem innovativen und profilgebenden Element aufbaut: Bachelorprogramme insbesondere im MINT-Bereich, welche vollständig über sieben Semester als Zwillingstudiengang parallel in deutscher und englischer Sprache angeboten werden (Twin-Bachelor-Degree-Programme oder Twin-Programme). Damit ist eine flexible Integration der ausländischen und deutschen Studierenden möglich, wenn die in englischer Sprache startenden Studierenden im Laufe des Studiums in die Module der deutschen Sprache wechseln und umgekehrt. Aufgrund des gekreuzten Wechsels wird auch von einem X-Modell gesprochen.

Die FHWS hat im Jahr 2014 mit den zwei Studiengängen Bachelor of Engineering in Wirtschaftsingenieurwesen und Logistik als Twin-Programm begonnen. Bestandteil des Programms ist auch die extracurriculare Kultur- und Sprachbildung, sowohl für deutschsprachige als auch englischsprachige Studierende. Wer mindestens zwei Semester in der von ihm anfänglich nicht gewählten Sprache studiert und den englischen beziehungsweise deutschen Sprachtest im C1-Level besteht, bekommt ein separates Twin-Zertifikat ausgestellt. Damit werden ein Studium mit Studierenden aus verschiedenen Ländern, interkulturelle Kompetenzen und die Zweisprachigkeit Deutsch und Englisch attestiert. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hat der FHWS für dieses Vorgehen 2014 den Best Strategic Award MINTernational verliehen. Er hat damit den besten eingereichten Ansatz für die Internationalisierung von MINT-Fächern und die Gewinnung ausländischer Studierender an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften ausgezeichnet. Ab 2016 wird die FHWS weitere Twin-Programme starten und sukzessive ihre Bachelorstudiengänge als Twin-Programme anbieten. Gleichzeitig versucht die FHWS, ihr Wissen in einem Benchmarking-Club weiterzugeben und Wissen anderer Hochschulen zur Weiterentwicklung ihrer Internationalisierungsstrategie zu nutzen.

Wie oben erwähnt, sind die Umgebung der Hochschule und deren Partner wesentliche Faktoren, welche zum Erfolg der Internationalisierung einer Hochschule beitragen. In Schweinfurt konnte das Studentenwerk Würzburg aufgrund 2014 durch den Abzug der US-Streitkräfte frei gewordener Konversionsfläche rasch neue Wohnfläche für Studierende schaffen. Die Stadt und ihr Integrationsbeirat organisiert vorbildlich die Einbindung der ausländischen Studierenden in das Kultur- und Sportleben und der Freistaat Bayern will Fläche aus dem Konversionsgelände kaufen, um neue Gebäude für die FHWS zu errichten. Darüber hinaus fördert der Freistaat die Region und auch seine Hochschulen seit Jahren über demographische Entwicklungsprogramme.

Alles in allem ein recht gelungener Auftakt für eine Hochschule jenseits der Metropolen.