Hochschulräte in der aktuellen Diskussion

Der ehemalige Berliner Wissenschaftssenator George Turner geht anlässlich der Diskussionen um die Besetzung des Rektorats an der Universität Leipzig in seiner Tagesspiegel-Kolumne hart mit Hochschulräten ins Gericht. Er konstatiert Fehler in der "Konstruktion der Hochschulräte und der Konzeption ihrer Aufgaben". Neben der Forderung, eine Doppelmitgliedschaft in Senat und Hochschulrat auszuschließen, bleibt er aber konkrete Vorschläge schuldig.


Zahlreiche Medien haben in den vergangenen Wochen ebenfalls die Vorgänge rund um die Rektorenwahl an der Universität Leipzig kritisch kommentiert. Zum Hintergrund der Debatte: Das sächsische Landesrecht (§ 82 SächsHSFG Abs. 6) verleiht dem Hochschulrat das Recht, den Wahlvorschlag für die Besetzung der Stelle des Rektors/der Rektorin zu erstellen. (Eine Auswahlkommission, der zwei externe Mitglieder des Hochschulrates und zwei Mitglieder des Senates angehören, erstellt lediglich eine Vorschlagsliste für den Hochschulrat.) Der erweiterte Senat kann anschließend aus diesem Wahlvorschlag, der maximal drei Namen enthält, einen Rektor/eine Rektorin bestimmen. Im konkreten Fall war es so, dass der Hochschulrat die Amtsinhaberin nach der mündlichen Anhörung nicht auf die Wahlvorschlag-Liste gesetzt hat. Rechtlich gesehen ist die zweite Amtszeit eines Amtsinhabers/einer Amtsinhaber zulässig (§ 82 Abs. 7) – ein Anspruch darauf, automatisch zur Wiederwahl vorgeschlagen zu werden, besteht jedoch nicht.

Die Hintergründe der Entscheidung des Hochschulrats sind nicht öffentlich bekannt, sodass über die Begründung nur spekuliert werden kann. Ein Abgleich des sächsischen Hochschulgesetzes mit den Forderungen aus dem "Positionspapier der Vorsitzenden deutscher Hochschulräte" aus dem Jahr 2012 verdeutlicht jedoch, dass die landesgesetzlichen Regelungen hier nicht optimal gestaltet sind. Das Positionspapier hält als Idealmodell fest: "Das Konstrukt der doppelten Legitimation der Hochschulleitung, also einer Wahl der Rektoren und Präsidenten durch Senat und Hochschulrat, hat sich bewährt und ist entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu sichern. Eine gemeinsame Findungskommission von Mitgliedern des Senats und des Hochschulrats ist eine gute Option, um mit möglicherweise auftretenden Konflikten umzugehen."

Auch die mitunter in den Medien geäußerte Einschätzung, der Hochschulrat der Universität Leipzig sei ein "politisch besetztes Gremium", fußt, legt man den Maßstab des Positionspapiers an das geltende Hochschulgesetz an, auf einem Konstruktionsfehler: In der Tat benennt nach § 86 Abs. 3 des SächsHSFG das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst mehr als die Hälfte der Hochschulratsmitglieder. Das Positionspapier spricht sich zwar auch für eine Berufung durch den Staat aus, fordert aber im Sinn einer doppelten Legitimation ein Vorschlagsrecht der betreffenden Hochschule, "um eine hohe Identifikation und Passgenauigkeit der Besetzung sicherzustellen".

Tagesspiegel-Artikel