Was macht eine gute Internationalisierungsstrategie aus?

Die beste Internationalisierungsstrategie ist jene, die sich selbst überflüssig macht. So könnte man prägnant ausdrücken, worum es bei der Formulierung von Leitlinien für die institutionelle Internationalisierung geht.


Auch wenn der Wert einer für alle Hochschulangehörigen sichtbar dokumentierten "Marschrichtung" nicht zu unterschätzen ist, so ist doch nicht (allein) das fertige Dokument entscheidend, sondern vielmehr der Prozess seiner Entstehung und späteren Umsetzung.

Leitend bei der Formulierung einer institutionellen Strategie sind die Prinzipien, die nach Ansicht der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) das Wesen der Internationalität und den Prozess der institutionellen Internationalisierung ausmachen: Ganzheitlichkeit, Kontextorientierung, Qualitätsorientierung und ein professionalisiertes Management. Darüber hinaus sollte eine Internationalisierungsstrategie nicht nur auf das "Was" und "Wie", sondern auch auf das "Warum" eingehen: Warum hat die Internationalisierung eine entscheidende Bedeutung für die erfolgreiche Entwicklung der Hochschule und welcher Mehrwert entsteht daraus für die Hochschulangehörigen?

Schließlich ist zu bedenken, dass die Internationalisierung der Hochschulen nicht im luftleeren Raum stattfindet: Nur nachhaltig finanzierte und autonome Hochschulen werden in der Lage sein, ihren Internationalisierungsprozess langfristig erfolgreich zu gestalten. Trotz großen Engagements des Bundes und der Länder beobachtet die HRK mit Sorge, dass Förderprogramme im Bereich der Internationalisierung in der Regel nur befristet finanziert und mittelfristig somit zu einer weiteren Hypothek für die Grundhaushalte der Hochschulen werden.

Mit Blick auf die derzeitigen Herausforderungen gilt dies umso mehr: Neben steigenden Zahlen sowohl bei heimischen wie auch bei internationalen Studienbewerbern stehen die Hochschulen vor der Aufgabe, die wachsende Gruppe der geflüchteten Studienbewerber und Studierenden angemessen zu beraten, einzustufen und in ihre Studienprogramme zu integrieren. Auch diese historische Entwicklung und Chance wird die zukünftige Internationalität und Diversität der deutschen Hochschulen entscheidend mitprägen.

Um den Internationalisierungsprozess an ihren Mitgliedshochschulen zu unterstützen, hat die Hochschulrektorenkonferenz im Jahr 2009 das HRK-Audit "Internationalisierung der Hochschulen" ins Leben gerufen. Das HRK-Audit gründet auf den eingangs formulierten Leitlinien: Internationalisierung wird auf Basis des institutionellen Profils und der Ziele einer Hochschule bewertet und ganzheitlich weiterentwickelt; vor allem qualitative Aspekte werden dabei berücksichtigt. Als Instrument der Qualitätssicherung funktioniert das Audit in einer Kombination aus Selbstreflexion und Peer-Review-Prozess. Es unterstützt die Hochschulen bei der Herausarbeitung des eigenen internationalen Profils in allen Handlungsfeldern der Internationalisierung (Steuerung & Planung, Studium & Lehre, Forschung & Technologietransfer sowie Beratung & Unterstützung) und der Weiterentwicklung ihrer institutionellen Internationalisierungsstrategie. Die große Resonanz auf dieses Serviceangebot der HRK bestätigt die Tragfähigkeit des Konzepts: 66 Universitäten und Fachhochschulen haben das Verfahren mittlerweile durchlaufen, bis Ende des kommenden Jahres wird diese Zahl auf 80 Teilnehmerhochschulen angewachsen sein.

Neben der vertraulichen individuellen Beratung ergeben sich aus dem HRK-Audit wichtige lessons learned für die Internationalisierung des gesamten Hochschulsystems. Diese gibt die HRK an ihre Mitgliedshochschulen weiter und bringt sie in den hochschulpolitischen Dialog auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene ein. Zu diesen lessons learned zählen auch die im Folgenden formulierten Erfolgsfaktoren für eine Internationalisierungsstrategie: Auch diese basieren auf den in zahlreichen Auditierungen gesammelten Erfahrungen.

Ein Austausch über diese Erfolgsfaktoren kann auch an Ihrer Hochschule den Grundstein für ein gemeinsames Verständnis von Internationalität und Internationalisierung legen. Denn allein die Formulierung einer Strategie wird für die Wandlung zu einer wahrhaft internationalisierten Hochschule nicht ausreichend sein. Vielmehr manifestieren sich Internationalität und Interkulturalität als in der institutionellen Kultur verankerte Grundwerte vor allem in der Haltung all ihrer Angehörigen.



Fünf Erfolgsfaktoren für eine strategische Internationalisierung



Erfolgsfaktor I: Ganzheitlichkeit
  • Formulierung einer umfassenden Strategie: Berücksichtigung aller Handlungsbereiche der Hochschule
  • Formulierung einer institutionelle Sprachenpolitik: Unterstützung und Einbettung der fremdsprachigen und deutschen Lehre
  • Priorisierung von Zielen: Formulierung von gemeinsamen Motiven und Zielen der Internationalisierung und Lösung von Zielkonflikten sowie Formulierung eines verbindlichen Umsetzungsplans
  • Förderung der ownership und Anerkennung von Engagement: Honorierung von vorhandenem Engagement und Setzung von wirksamen Anreizen


Erfolgsfaktor II: Kontextorientierung
  • Inbezugsetzung zu Mission und institutionellem Profil: Verdeutlichung des Bezugs zum institutionellen Profil und des Mehrwert einer institutionellen Internationalisierungsstrategie
  • Verbesserung der internen Kommunikation: Verbesserung des Informationsflusses (top-down und bottom-up) und Etablierung von verstetigten Kommunikationswegen zwischen den hochschulischen Akteuren der Internationalisierung
  • Internes Networking: Etablierung einer internen Kommunikationsplattform zur strategischen Abstimmung und zum Austausch von Beispielen guter Praxis


Erfolgsfaktor III: Qualitätsorientierung
  • Internationalisierung als Instrument zur Qualitätsverbesserung in Forschung, Lehre und Lernen
  • Definition von Erfolg: Festlegung von allseits akzeptierten quantitativen und qualitativen Indikatoren
  • Monitoring: Regelmäßiges Monitoring durch Evaluationen, Feedbackschleifen sowie Datenerfassung und -auswertung
  • Ganzheitliche Qualitätssicherung: Einbettung in die allgemeine Hochschulentwicklungsplanung und Verknüpfung mit dem internen Qualitätsmanagementsystem


Erfolgsfaktor IV: Professionelles Management
  • Transparenz der Strukturen: klare Zuständigkeiten für alle Aspekte der Internationalisierung
  • Transparenz der Prozesse: Internationalisierungsmainstreaming der Verwaltungsprozesse und Ausbau der administrativen Unterstützungsstrukturen
  • Erfolgsfaktor Personal: Internationalisierung der Berufungspolitik und Erleichterung der Einstellung von internationalem Personal
  • Etablierung eines internationalen Campus: Internationalisierung des Verwaltungspersonals


Erfolgsfaktor V: Angemessene politische, rechtliche und infrastrukturelle Rahmenbedingungen
  • Internationalisierung kostet Geld: Berücksichtigung der Internationalisierung in der (Grund)finanzierung der Hochschulen
  • Internationalisierung braucht Zeit und Raum: Nachhaltigkeit der Ressourcen und Notwendigkeit eines flexiblen rechtlichen Rahmens
  • Internationalisierung entsteht vor Ort: Sicherstellung einer autonomen Strategieentwicklung und Ermöglichung von Engagement